Entstehungsgeschichte

Bild Entstehungsgeschichte.pngDie Leute getrauten sich kaum noch aus den Häusern, denn seit Wochen ging der Schwarze Tod um. Nur wenn ein Toter aus einem Haus getragen und auf einem Fuhrwerk in den Kirchhof gebracht wurde, rührte sich etwas Leben auf den Wegen.

Die Seuche begann stets mit hohem Fieber. Nach wenigen Tagen bedeckten den heißen Körper dunkle Flecken, die alsbald zu Geschwüren aufbrachen; dann verfärbte sich der ganze Körper grau.           

Eines Tages packte es auch den Hirtner. In der Woche davor hatte er noch fleißig geackert und geeggt und sich gesund und stark gefühlt, sodass er an einem Abend lächelnd zu den Seinen gemeint hatte: „Ich glaube nicht, dass es einen von uns noch erwischen wird. Ewig kann der Schwarze Tod ja nicht umgehen." Nun lag der Hirtner im Sterben. Die Beulen waren schon aufgebrochen, die Lebensstunden waren gezählt.           

Um das Sterbebett stehen die Ehefrau, die zwei Buben Jörg und Michel, das Töchterl Tine und der Knecht, der vorbetet. Da wendet der Sterbende den Kopf, schaut seine Frau beschwörend aus fieberglänzenden Augen an und bewegt den Mund. Er will noch etwas sagen, kann aber nicht mehr laut reden. Die Mutter beugt sich vor und deutet den Kindern und dem Knecht, ganz still zu sein, damit sie verstehen könne, was der Vater noch zu sagen hat.

Ganz leise kommt es von den Lippen des Bauern: „Wenn ich gestorben bin, legt mich auf einen Wagen, spannt die Ochsen vor, führt sie aus dem Hof und lasst sie gehen. Die Ochsen müssen allein den Weg finden. Wenn sie dann stehen bleiben, schaufelt mir dort das Grab und baut später darüber eine Kapelle!“           

Die Mutter nickt dem Mann das Versprechen zu. Nachher sagt sie den Kindern, was der Vater will. Die Buben und das Mädchen nicken ebenfalls dem Vater zu: Er soll wissen, dass ihnen sein letzter Wunsch heilig ist.

Wenige Stunden später ist der Hirtnerbauer tot. Die Seinen tun, wie er gewünscht hat, legen den Leichnam auf einen Wagen, spannen zwei Ochsen vor, führen das Fuhrwerk vors Hoftor und lassen die Zugtiere allein. In einem größeren Abstand geht der Knecht hinter dem Wagen her.

Die Ochsen haben es nicht eilig. Sie beginnen zu grasen, verlassen den Weg, grasen durch den Baumgarten, auf die lange Wiese, beginnen dann, weil sie auf dem leichten Hang vom Wagen zur Eile angetrieben werden, schneller auszugreifen und rennen schließlich in einem leichten Bogen wieder bergan. Von nun an trotten sie schnurgerade auf einen schütteren Föhrenwald zu. Zwischen den Bäumen ziehen sie weiter bergwärts, bis sie die Höhe erreicht haben. Dort bleiben sie wiederkäuend stehen.

Der Knecht kommt nach, schaut sich den Platz genau an, nimmt die Schaufel und hebt ein Grab aus. Neben die Grube legt er den Leichnam hin und bringt das Gefährt wieder heim. Später kehrt er mit der Bäuerin und den Kindern an die Stelle zurück. Bald weinen und beten, bald jammern sie, dass kein geistlicher Herr mehr das Grab segnen kann, denn seit auch der Pfarrer von Zell ein Opfer der Pest geworden ist, gibt es weitum keinen Seelsorger mehr.

Der Knecht schlägt eine Föhre um und zimmert ein großes grobes Kreuz, das er über dem Grab des Bauern aufstellt, damit die Leute vom Hof aus die Stelle sehen können, wo die letzte Ruhestatt des Bauern ist.

Das Kreuz schaut viel weiter ins Land und es lockt bald Menschen aus der ganzen Umgebung, die hier um Rettung aus der Not beten. Da die meisten der Beter mit dem Leben davonkommen, heißt es bald, da oben helfen einem alle Heiligen.

Später errichteten die Hirtnerkinder über dem Grab des Vaters eine Kapelle, die später zu einer kleinen Kirche ausgebaut wurde. Diese Kirche war allen Heiligen geweiht. Sie wurde das Bergkirchlein von Allerheiligen.